Gesamtheitliches Umsetzungskonzept für den Alpenrhein

Die LGU erachtet es als unverzichtbar, bei Rheindammsanierungen auch die ökologische Verbesserung des Gewässers in die Umsetzung mit einzuplanen.

In einer Medienmitteilung geben die zuständigen Regierungsrätinnen und die beiden Rheinbauleiter von Liechtenstein und St. Gallen bekannt, dass sie die Rheindämme ertüchtigen werden. Begonnen wird an neuralgischen Stellen voraussichtlich bereits im Herbst 2021.

Landschaftlich monoton fliesst der Alpenrhein als Kanal an uns vorbei. Von seiner einstigen Biodiversität ist nur noch wenig vorhanden. Eine stark ausgeprägte Fischarmut und fehlende intakte Auen zeugen davon. Wenn wir das kanalisierte Gewässer mit offenem Herzen ansehen, leiden wir mit. Gerade die Wiederherstellung von Fliessgewässer-Ökosystemen ist jedoch sehr wichtig für die Förderung der Biodiversität, da intakte Feuchtlebensräumen zu den artenreichsten Ökosystemen gehören. Von den sogenannten Ökosystemleistungen wie der Reinigung und Rückhaltung von qualitativ hochwertigem (Grund)Wasser profitieren auch wir Menschen.

Genau jetzt haben wir die grössten Chancen, dem Alpenrhein wieder neues Leben einzuhauchen. Es ist unumstritten, dass die Dämme in vielen Abschnitten Liechtensteins und auch auf der gegenüberliegenden Seite saniert werden müssen, um die Hochwassersicherheit zu gewährleisten. Kommendes Jahr wird das Dammsanierungsprojekt bereits in die Umsetzung gehen - leider entkoppelt von der dringend notwendigen Aufwertung des Lebensraums. Fragen der Sicherheit und der Wiederbelebung des stark beeinträchtigen Gewässerlebensraums dürften aus Sicht der LGU jedoch auf keinen Fall unabhängig voneinander betrachtet, sondern müssen gemeinsam gelöst werden. Denn Lebensraumverbesserungen lassen sich perfekt mit Hochwassersicherheit kombinieren. Eine Trennung der beiden Fragen verursacht indes Mehrkosten, denn die gesetzlichen Vorschriften auf beiden Seiten des Rheins schreiben die ökologischen Verbesserungen für Gewässer zwingend vor.

Die Gesetzeslage in Liechtenstein und in der Schweiz ist klar: Die Länder sind verpflichtet, den ökologischen Zustand aller Oberflächengewässer zu verbessern und den natürlichen Gewässerverlauf, wo immer möglich, wieder herzustellen. Der Liechtensteinische Verwaltungsgerichtshof hat dieses Jahr in einem wegweisenden Urteil Klartext gesprochen. Demnach sind Massnahmen, welcher einer möglichst weitgehenden Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs des Rheins entgegenstehen, gemäss Gewässerschutzgesetz verboten. Für die LGU ist unklar, wie ohne Einbezug der Ökologie dem Gewässerschutzgesetz und somit den europäischen und internationalen Verpflichtungen entsprochen werden kann. Denn an den ertüchtigten Abschnitten wird eine Wiederherstellung des natürlichen Verlaufs des Rheins verhindert und verunmöglicht.

Mit der Erstellung des Entwicklungskonzept Alpenrhein (EKA) haben FL, CH, A sowie die Kantone SG und GR bereits vor 15 Jahren ein Konzept bezüglich Hochwassersicherheit und Ökologie am Alpenrhein ausgearbeitet und sich zu einem gemeinsamen Handeln bekannt. Werden nun Fakten geschaffen, die den vereinbarten Massnahmen gemäss EKA widersprechen, bedeutet dies auch, dass Liechtenstein und der Kanton St. Gallen ihre internationalen Vereinbarungen verletzten würden.

Gemäss der Medienorientierung ist die erste Sanierungsetappe für 2021 geplant, während die ökologischen Massnahmen wie die Aufweitungen noch «geprüft» werden sollen. Das rein technische Vorhaben erweckt den Eindruck, dass die Massnahmen von Liechtenstein und St. Gallen unabhängig und losgelöst von den ökologischen Grundsätzen des Entwicklungskonzeptes Alpenrhein durchgezogen werden sollen.

Die LGU fordert die Regierungen von Liechtenstein und St. Gallen deshalb auf, eine Gesamtstrategie für den liechtensteinisch-schweizerischen Rheinabschnitt vorzulegen, der sowohl die Sicherheit als auch die ökologischen Aspekte behandelt. Als Grundlage dafür sollten das bereits vor 15 Jahren entstandene Entwicklungskonzept Alpenrhein sowie das Dammsanierungskonzept dienen.

Die Entscheide für die Ökologie und die Naherholung im Talraum müssen jetzt mutig getroffen werden. Eine Entkoppelung von Dammsanierung und Ökologisierung am Alpenrhein wird nicht funktionieren.

Wir müssen jetzt zusammenstehen und die Aufweitungen einfordern, bevor   sie noch teurer und durch die Schaffung neuer Fakten verunmöglicht werden.  Für eine konstruktive Zusammenarbeit zur gesamtheitlichen Lösung der insoweit anfallenden komplexen Fragen steht die LGU gerne zur Verfügung.

Weitere Beiträge zu diesem Thema

, Veranstaltung, Umweltbildung, Mensch & Umwelt

Der Natur auf der Spur

Kinder erforschen Grünflächen und ihre Bewohner Grünflächen könnten unterschiedlicher nicht sein, von einem Fussballplatz, zu einem Maisfeld oder einer blumenreichen Wiese. Nicht nur wir Menschen brauchen Grünflächen, sondern auch die Wildbienen. Zusammen schauen wir an, wie der Mensch von Grünflächen profitiert und wechseln dann die Perspektive. Die Umgebung beurteilen wir dann aus den Augen der Wildbiene.

, Veranstaltung, Umweltbildung, Naturvielfalt

Forschercamp - Praxisworkshop für Studierende

Du bist naturwissenschaftliche Student:in in Biologie oder Ökologie in der Schweiz oder Österreich? Du möchtest gängige Methoden zur Freilanderhebung von Käferarten, Spinnentieren und Moosarten sowie grundlegende Präparation- und Konservierungstechniken für die entsprechenden Tiergruppen und Moose erlernen oder vertiefen? Melde Dich jetzt für eine Teilnahme am Praxisworkshop zur Artenforschung in den Alpen im Liechtensteiner Saminatal vom 24. bis 28. Juli 2024.

, Veranstaltung, Umweltbildung, Naturvielfalt

Fotoausstellung "Einheimische Fledermäuse"

In 25 grossformatigen Bildern hat der Nesslauer Naturfotograf und Fledermausexperte René Güttinger unsere 23 in Liechtenstein nachgewiesenen Fledermausarten, aber auch ihre Tageschlafstätten und Beutetiere festgehalten.

, Publikation, Umweltbildung, Naturvielfalt

Ein erkundungsfreudiger Schwärmer

Egal ob Fliege, Biene oder Schmetterling, Wildbestäuber kommen in allen Formen und Farben vor. Ein Exemplar sticht dabei besonders hervor: Das Taubenschwänzchen.